Rucksack-Reisen >>> Floßtour auf dem Klarälv

- Mit dem selbstgebauten Holzfloß durch Värmland
- Ca. 8 Tage + An-und Abreise


Mit dem Holzfloß auf Klarälv

Der Klarälv durchfließt die gesamte Region Värmland von Nord nach Süd. Er entspringt in Norwegen und mündet nach 460 Kilometern bei Karlstad in den Vänernsee. Über weite Strecken ist der Fluss nicht begradigt sondern windet sich mit vielen Flussschleifen durch wenig besiedelte Wald-, Berg- und Hügellanschaften. Allerdings verläuft neben dem Fluss im Klarälvtal die Landstraße 62, an der mehrere Ortschaften liegen.
Die Flößerei auf dem Klarälv hat einelange Tradition. Über viele Jahrhunderte wurde das in den Wäldern geschlagene Holz auf diesem Weg zu den Sägewerken und Papierfabriken am Vänern transportiert. Seit einigen Jahren bietet die Firma "Vildmark I Värmland" für Touristen einwöchige Floßtouren auf dem selbstgebauten Holzfloß an. Baumaterial und Ausrüstung werden gestellt, bei Bau der Flöße ist fachkundiges Personal anwesend. Auf dem Fluss ist man dann aber auf sich allein gestellt. Einzige Richtlinie: Die etwa 100 Kilometer lange Strecke von Branäs (Bauplatz) bis Gunnerud (Camp-Gelände) möglichst in einer Woche schaffen. Die Flöße bieten jeweils Platz für 4-5 Personen und bestehen aus 3 Schichten Baumstämmen, die nur mit Seilen verbunden werden. Ein Zeltaufbau dient als Kajüte und Schlafplatz.
Das Camp-Gelände von "Vildmark I Värmland", das Ausgangs- und Endpunkt der Tour ist, liegt im kleinen Dorf Gunnerud in der Nähe von Edebäck am Klarälv. Wenige hundert Meter vom Gelände entfernt befindet sich eine Bushaltestelle, von der aus man ohne Umsteigen bis nach Karlstad am Vänern kommt.

Ich selbst habe diese Floßtour zweimal (1996 und 1999) mitgemacht, es ist wirklich ein einmaliges Erlebnis! Das hier vorliegende Tagebuch stammt von der Tour 1999. Es bildet die Fortsetzung von dem Reisetagebuch zum "Finnskogs-Leden" Wanderweg, auf dem wir vor der Floßfahrt ca. 1 Woche unterwegs waren. Wir waren bei dieser Floßtour 16 Personen und ein (meistens angeleintes) Baby und bauten 4 Flöße, die wir auf breiten Flussabschnitten mitunter zu einem großen Floß zusammenbanden.


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1.Tag: Ankunft & Einweisung in Gunnerud


Materiallager in Gunnerud

Nach der Wanderung: Ein Ruhetag in Gunnerud mit ganz viel Sonne - ahh, tat das gut! So hatten wir ganz viel Zeit zum Baden im Klarälven, Relaxen, Sonnenbaden und Wäschewaschen.
Um 17 Uhr holten wir unsere Ausrüstung für die Flöße ab. Abends bekamen wir von einem Mitarbeiter von "Vildmark I Värmland" unsere Einweisung in die hohe Kunst des Floßbauens. Die Flöße werden ohne jeden Nagel gebaut - die Stämme werden lediglich mit Seilen verbunden. Ob wir das Morgen wohl alles so gut hinkriegen mit diesen vielen Knoten und Schlingen???
Zum Abendessen gab es Pellkartoffeln mit Quark -sehr lecker! Trotz des warmen Tages war es abends wieder ganz schön kalt und nach einer Tasse Tee ging es in die Schlafsäcke!

 

  2.Tag: Floßbau & Branäs - Likenäs

Ankunft am Floßbauplatz

Stämme werden zum Wasser gebracht...


... und dort vertäut.

Ein Floß hat drei Schichten Stämme.

Es kann losgehen!

Um 7.30 Uhr war Abfahrt mit dem Bus nach Branäs, wir mussten uns ganz schön beeilen, um mit Zeltabbauen, Packen usw. rechtzeitig fertig zu werden.
Außer uns saß eine englische Familie (Vater, Mutter, Sohn) und eine Jugendgruppe vom CVJM Annaberg im Bus, auch sie bauten heute ihre Flöße.
Nach etwa zwei Stunden Fahrt kamen wir beim Floßbauplatz an und wurden von einem radebrechenden Instructor begrüßt, der uns über die verschiedenen "Dicksen" von Stämmen aufklärte und ankündigte, "ungefährlich um 13 Uhr" eine Mittagspause einzulegen.
Da wir vier Flöße bauten, hatten wir viel zu tun und brauchten bis 17 Uhr, bis alles fertig war. Ich gehörte zu den Leuten, die die Stämme aussuchten und die Böschung hinunter zum Fluss befördern mussten. Von dieser Knochenarbeit hatten wir abends ganz schön Muskelkater in den Armen. Andere, die im Wasser die Stämme vertäuten, klagten später über Blasen an den Händen.
Nachdem wir noch in dem kleinen Lebensmittelgeschäft einkaufen waren wurden die vier fertigen Flöße unter den zuvor gebildeten Gruppen verlost. Ich und meine Crew hatten Losglück und bekamen eines der stabileren Flöße. Nun hieß es, das Gepäck an Bord bringen, dann ging es um 18.30 Uhr los.
Nach der ersten Brücke und der damit verbundenen Aufregung richteten wir uns auf der weiteren Fahrt gemütlich auf unseren Flößen ein. Später am Abend vertäuten wir alle Flöße miteinander zu einem riesigen Floss und fuhren damit noch bis etwa 22 Uhr weiter, bis wir kurz vor Likenäs anlegten. Unterwegs sahen wir noch unseren ersten Biber, der unseren Weg kreuzte. Schon auf den Flößen begannen wir mit dem Kochen - Reis mit Chinagemüse.

 

  3.Tag: Likenäs - Ambjörby

Nachtlager

Klarälv bei Likenäs


Haus mit Aussicht

Morgens fuhren wir noch das letzte Stück bis zur Brücke von Likenäs, wo wir anlegten und dann zum einkaufen in den Ort gingen. Hier gab es sogar gleich zwei Läden - einen ICA und einen Konsum! Bei einer Tankstelle füllten wir die Wasserkanister auf.
Kurz nach Likenäs liefen wir das erste Mal auf eine Sandbank auf und alle mussten ins Wasser zum schieben.
Nachmittags lösten wir unsere Flöße wieder auseinander und jedes Floss war auf sich allein gestellt. Wir liefen noch mal auf eine Sandbank auf und kollidierten mit einem ins Wasser hängenden Baumstamm.
Das Problem dieses Jahr ist, dass es so lange nicht geregnet hat und der Wasserstand des Klarälven sehr niedrig ist. So gibt es viele Gefahren wie Sandbänke, Steine, Baumstämme im Wasser (von uns "Wasserelche" genannt), die sonst nicht in diesem Ausmaß vorhanden sind. Dadurch erlitten unsere Flöße heute schon die ersten Schäden, und wir waren immer wieder am reparieren und ausbessern.
Um 21 Uhr legten wir vor der Brücke in Ambjörby an, machten Feuer und kochten Kartoffelbrei mit Tiefkühlgemüse und Kötbullar - lecker!

 

 

4.Tag: Ambjörby - Norra Ny


Klarälv bei Ambjörby

Unterwegs auf dem Fluss

Körperpflege

Vormittags waren wir in Ambjörby einkaufen. Kurz nach dem Ablegen stellten wir fest, dass wir gestern Abend die Säge an der Feuerstelle vergessen hatten und zwei von uns mussten am Ufer des Flusses zurücklaufen um sie zu holen. Während der Wartezeit sahen wir zum letzten Mal die anderen Flöße, die mit uns an den Start gegangen waren. Dann hängten wir sie aber bald wieder ab. In den nächsten Tagen fragten wir uns immer wieder, wo sie wohl im Moment seien.
Nachmittags gab es nur eine richtig gemeine Stelle, als drei von vier Flößen mit einem "Wasserelch" zusammenstießen und sich dadurch fies verzogen. Wir fuhren heute wieder teils einzeln, teils gemeinsam - beides hat seine Vorzüge.
Abends kochten wir auf dem Floss "braune Bohnen", was die meisten sehr ekelig fanden. Zum Glück gab es dazu noch frischen Salat. Um etwa 21 Uhr legten wir in Norra Ny an. Ich erinnerte mich vom letzten Mal daran, dass es hier ein öffentliches WC (!) gab, und die meisten von uns gingen deshalb noch in den Ort. Dort angekommen entdeckten wir zu unserer großen Freude eine kleine Pizzeria, die natürlich gestürmt wurde. Der Pizzabäcker hat sich sehr über uns amüsiert.

 

 

5.Tag: Norra Ny - Åstrand


Reparaturarbeiten

Der Klarälv

Weiter geht es...

Heute Vormittag wurden wir richtig gefordert: Wir verloren Stakstangen (einmal sprang ich hinterher - war nicht so toll in dem kalten Wasser gegen die Strömung schwimmen zu müssen...), hatten ungünstigen Wind, trieben auf Sandbänke und Steinhaufen und kollidierten mit Wasserelchen. Wir mussten viel schuften um voranzukommen und um unsere Flöße in Schuss (und über Wasser) zu halten.
Nach einer etwas längeren Mittagspause auf einer Sanddüne ging es nachmittags zum Glück erholsamer weiter, der Wind ließ nach und die Sonne kam raus. Viele von uns gingen baden - ausnahmsweise diesmal freiwillig!
Abends entschlossen wir uns nach einem missglückten Essen (matschige Nudeln mit nichtgestocktem Ei), noch ein Stück weiterzufahren, um Morgen in Ekshärad sein zu können. Bis Mitternacht fuhren wir weiter, es war noch recht angenehm draußen, und so war es kein Problem, genug Leute für eine Nachtwache zu finden.
Dann fand unsere heutige Etappe ein unfreiwilliges Ende, als wir auf eine Sandbank aufliefen und so fest saßen, dass wir uns entschlossen, heute Nacht gleich hierzubleiben.

 

 

6.Tag:Åstrand - Ekshärad


Alle müssen schieben...

... und staken.

Bei Wind und Wetter!

Wir schafften es tatsächlich heute bis Ekshärad, das war aber so ziemlich das einzig positive heute - ansonsten war die Fahrt voller Hindernisse, und wir machten uns ernsthaft Sorgen um unsere Flöße, die allmählich begannen, sich aufzulösen.
Gleich morgens mussten wir von den Schlafsäcken direkt ins Wasser, um von unserer Sandbank wieder runterzukommen. Dafür brauchten wir sage und schreibe 1 ½ Stunden. Dann gab es im Laufe des Tages immer wieder "Wasserelche" und andere Schikanen.
Nach einer Kollision guckten einige Stämme unserer unteren Schicht bestimmt 50 cm an der Seite heraus, und bei dem Versuch, sie wieder hineinzuschieben, fiel ich ins Wasser. Wir schafften es aber zum Glück doch noch. Ein Floß baute mehrmals ihr Zelt neu auf - nur damit es bei dem nächsten Baumstamm gleich wieder umgenietet wurde. Alles was anfangs mal rechtwinklig und fest vertäut war, hatte sich jetzt total verzogen und gelockert. Die Situation war so mies, dass man das Ganze nur noch mit Galgenhumor überstehen konnte, und es wurde viel gelacht.
Erst abends wurde es etwas ruhiger und wir konnten uns etwas erholen. Kurz bevor wir um 21 Uhr in Ekshärad anlegten wurde es jedoch noch einmal nass, denn es kam der einzige größere Regenschauer unserer gesamten Zeit in Värmland runter.
Weil wir wirklich keinen Bock mehr hatten und um die Stimmung zu bessern, verzichteten wir auf das Kochen und gingen statt dessen auf Gruppenkosten mit allen Pizza essen. Der kleine Imbiss war durch uns völlig überlaufen, aber es gab leckeres Essen, es war warm und trocken und es gab ein WC - alle waren wieder happy!

 

 

7.Tag: Ekshärad - Bergsäng


Kirche von Ekshärad

Der Kocher ist endgültig hin!

Für das letzte Stück bis Gunnerud hatten wir zwei Tage Zeit, so dass wir es auf dem Rest unserer Floßtour ruhig angehen lassen konnten - sehr angenehm!
So legten wir heute erst um 13 Uhr ab, nachdem wir den ganzen Vormittag mit Einkäufen usw. in Ekshärad verbracht hatten.
Die Fahrt war weitestgehend frei von größeren Störungen, auch wenn wir malwieder einer Stakstange hinterherspringen mussten. Das Wetter war heute wesentlich besser als gestern und wir konnten richtig gut in der Sonne relaxen und baden.
Als wir um 21 Uhr anlegten waren wir nur noch zwei Flusskurven von Gunnerud entfernt. Wir kochten noch mal Erbseneintopf mit Salat und krochen dann gleich in unsere Schlafsäcke.

 

 

8.Tag: Bergsäng - Gunnerud


Nun ist der Fluss ganz breit...

... und es geht sehr ruhig zu.

Ankunft in Gunnerud

Nach einer kurzen, ruhigen Etappe kamen wir schon um 13 Uhr in Gunnerud an. Wir brachten alles Gepäck an Land und bauten dann unsere Flöße auseinander, was etwa eine Stunde dauerte: Die Knoten wurden gelöst, die Seile aufgewickelt und die losen Baumstämme einfach Stromabwärts geschickt - einige hundert Meter weiter hat "Vildmark I Värmland" ein Fangnetz gespannt, das die Stämme auffängt.
Nun hatten wir noch einen ganzen Nachmittag zum Faulenzen. Einige liehen sich Kanus und schipperten damit auf dem Fluss rum, andere gingen baden oder lasen.
Irgendwann kam die englische Familie auch in Gunnerud an - mit dem Auto! Ihnen war das Floss auseinander gefallen und sie hatten in Ekshärad aufgegeben. Von einem Instructor erfuhren wir, dass die CVJM-Gruppe erst einen Tag später ankommen würde. Wir sind also die einzigen, die die Tour in der vorgegebenen Zeit geschafft haben - und sind mächtig stolz!!! Abends kochten wir Kartoffelbrei mit Gemüse und Kötbullar, dann saßen wir noch lange am Lagerfeuer, sangen, klönten und lästerten über die anderen, die es nicht geschafft hatten!
Zelte bauten wir nicht auf, sondern schliefen statt dessen in den Unterständen auf dem "Vildmark I Värmland"-Gelände. Morgen geht's zurück nach Hause!

 

Nils' Schweden-Seite - www.nilshaunert.de - © by Nils-Christian Haunert 2001-2012